Meine persönliche Einstellung zum Thema Tod zu formulieren war
nicht leicht, da meine Überlegungen insbesondere zum Zustand des „tot-Seins" schon immer sehr kurz und einfach gehalten waren.
Seit ich denken kann bin ich der Überzeugung gewesen, mich nach
meinem Ableben schlicht in dem gleichen Zustand zu befinden wie auch vor meiner Geburt: Nämlich in dem, eines großen zeitlosen Nichts, ohne Bewusstsein und ohne ein irgendwie geartetes Ich- Empfinden. Sprich, ich gehe davon aus, dass nach meinem Tod nichts von mir übrig bleiben wird als die Spuren, die ich während meiner Lebzeiten auf Erden dann hoffentlich hinterlassen habe, und die Wahrscheinlichkeit eines Weiterlebens nach dem Tod halte ich für ebenso hoch wie die des Weltuntergangs im Jahr 2012, nämlich gleich Null.Dies mag nun sehr negativ klingen, aber auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag, vertrete ich doch auf keinen Fall die Auffassung, das Leben sei sinnlos. Denn tatsächlich bereichert der Gedanke an die finale Endlichkeit meines Daseins, ohne Hintertürchen in eine rosarote Wolkenwelt, ohne die Möglichkeit eines zweiten Anlaufs, ohne Gelegenheit zum Neuanfang in einer anderen und vielleicht besseren Sphäre, mein jetziges Leben ungemein. Er hält mich dazu an, den Dingen, die für mich persönlich von Bedeutung sind, wie z.B. Menschen, die mir am Herzen liegen, meiner Kunst oder meinen Tieren genügend Raum in meinem Leben einzuräumen und sie nicht zugunsten selbstauferlegter oder suggerierter Zwänge und Perfektionsansprüche im Alltag zu vernachlässigen. Er gibt mir das Bestreben, allen Lebewesen so zu begegnen wie ich es selbst von meinem Gegenüber erwarten würde, nämlich mit Mitgefühl, Respekt und - wenn notwendig - mit einer helfenden Hand, denn es wird sich keine zweite Chance
für verpasste Gelegenheiten ergeben.
Und nicht zuletzt gibt er mir den Raum, die Dinge zu genießen, die
ich habe und die mich glücklich machen, anstatt die mir gegebene Zeit damit zu verbringen, Dingen nachzujagen, die ich vielleicht gar nicht benötige, von denen ich mir aber einrede, dass sie mich eventuell noch etwas glücklicher machen könnten.Vor diesem Hintergrund hat der Tod für mich nicht einen Bruchteil der Bedeutsamkeit, wie sie das Leben hat, und ich sehe ihn auch nicht als Bedrohung. Im Gegenteil - eine Geschichte, die mich in meiner Teenagerzeit tief beeindruckt-, und mein Verhältnis zum Tod wesentlich geprägt hat, war der Roman „Alle Menschen sind sterblich" von Simone de Beauvoir. Hier wurde das Szenario einer persönlichen Hölle gezeichnet, die auf mich viel erschreckender wirkte als der Tod- nämlich die Leere des Lebens ohne ihn. Das bedrückende Bild, was mir von dem Roman in Erinnerung geblieben ist, war das, des zu ewigem Leben verdammten Hauptprotagonisten, der den Fluch der Unsterblichkeit einzig mit einer Maus teilte. In einer ernüchterten Zukunftsvision sah er sein zukünftiges Ich einsam in einem leeren Universum, nachdem alles übrige Leben verschwunden war - und als einzige Gesellschaft in der dunklen Unendlichkeit blieb ihm allein die kleine Maus.
Ich denke dieses Motiv fasst die Bedeutung des Todes für mich sehr
gut zusammen: Er ist der wesentliche Aspekt, der unserem Leben seine Relevanz und nicht zuletzt seinen Einzigartigkeit verleiht, und daher eine sehr positive Kraft. Auch wenn dies nicht bedeutet, dass die Begegnung mit ihm stets sehr schmerzhaft ist.Auf die Frage, was ich gerne mitnehmen würde, kann ich vor dem Hintergrund der obigen Darstellung nicht wirklich antworten, da der Gedanke in meinem Weltbild einen Widerspruch in sich darstellt. Aber die Antwort, die ich geben kann und die der Frage am näckommt ist folgende: Wenn ich die Wahl hätte, dann würde ich mir wünschen, den Gedanken mitzunehmen, dass die Spuren, die ich hinterlassen habe - auch wenn sie noch so klein sind - solche sind, mit denen ich persönlich zufrieden. |
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Freier Lichtbildner - Dieter W. Weinstock
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Pseudonym Incognita
Teilnehmerin will anonym bleiben
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Incognita
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Langzeitprojekt memento mori
SINN DES TODES
oder die Kunst mit der Verfallsgarantie zu leben
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Dieter W. Weinstock
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